Aul Tied

Plackerei, Rackerei, Ackerei – fast klingt lautmalerisch schön, was doch im Alltag Mühe, Sorge, Quälerei war. Wir als verwöhnte Menschen, von Maschinen umgeben, können uns nicht mehr vorstellen was es heisst, für alles und jedes selbst – mit eigenen Händen, unter Einsatz des Körpers – sorgen zu müssen. Ein nostalgischer Blick zurück wird daher zu einer emotionalen Mischung aus Nostalgie und schauderndem Bedauern: "Wie gut wir es doch heute haben" steht gleichermaßen neben "Wie nett es damals doch noch war". Von wegen!

Die Aufnahmen entstanden in verschiedenen Freilichtmuseen, Fotos hgw.

Sieht ja noch "richtig nach Arbeit" aus, solch eine Werkstatt. Und war es auch. Wenn wir uns heute über Stress beklagen (gleichwohl oft zu recht), heisst dies nicht, dass seinerzeit das Arbeiten nicht auch unter Zeit-, Erfolgs-, Geld- und Qualitätsdruck gestanden hat. Doch alles, jeder Schritt der Tätigkeit, war mühseliger, aufwändiger, körperlich oft wesentlich schwerer oder sogar quälender. Um so mehr muss man bewundern, was die Altvorderen mit ihrer Handwerkskunst zu Stande gebracht haben. Mit Mitteln "wie aus dem Museum".


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Fleißig wie die Bienen waren sie, die Seinerzeitigen. Und wenn sie denn mal ein Glas Honig haben wollten, konnten sie nicht mal schnell zu Aldi, Lidl oder zur Beroma gehen respektive unter zig Sorten per Internet wählen. Es hieß Geduld zu haben, bis wieder Sommer war, um die Bienenstöcke entleeren zu können. Solche und andere Imkerkörbe waren also keine Zier, sondern schlicht und ergreifend notwendig, damit die Familie – oft viele "hungrige Mäuler" – satt wurde oder "anständige Kost" hatte.


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Ist ja schön, wenn man die Heizung aufdrehen kann. Und ist ja auch berechtigt, über CO2-Verbrauch zu diskutieren. Aber wer es früher warm haben wollte, musste sich erst einmal warm arbeiten. Säge, Hauglotz, Hackebeil mussten her, um einen Vorrat an Holzscheiten anzulegen, mit denen der Ofen "gestocht" wurde. Und das Holz war mühsam mit dem Handkarren zu besorgen. Natürlich auch nicht unbedingt zum Nulltarif. Holzklau war daher damals ein mindest so allgemein verbreitetes Delikt wie heute Falschparken. Das "Holz vor der Hütte", gerne mal frivol anders verstanden, war über alle früheren Lebensperioden hinweg der Schatz, der im Winter ein wenig Wohlsein garantierte. Um nicht zu sagen, erst das Überleben ermöglichte.


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Merkwürdig. Irgendwie schwärmen wir davon, wenn wir vom einfachen Leben träumen. In der Toscana, zum Beispiel. Zwei Wochen lang. Aber bitte mit Stromanschluss, Kühlschrank und Klimaanlage (Internet sowieso, und Handy-Empfang). Aber genau so soll es aussehen.

Merkwürdig. Die Altvorderen hatten diese bescheidene Einfachheit. Nur keinen Handyempfang. Wovon sie aber noch nicht mal geträumt, geschweige denn, ihn gefordert haben. Ob sie glücklicher waren, darf bezweifelt werden.


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Früher war solch ein Bett nass, kalt, umbequem und hart. Allenfalls das Kuscheln brachte noch Erleichterung (und reichlich Gestand, Waschen war eher die Ausnahme). Heute zahl man für solche Romantik einen saftigen Aufpreis, weil es sich Wellness nennt.


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Düstere Zimmer, düstere Stimmung? Was uns zur Weihnachtszeit so schön gemütlich erscheint, im Sommer bei großer Hitze in der Tat kühlend-labend wirken kann, ist im Rest des Jahres eher eine Belastung für die Stimmung: die kleinen, oft feuchten, weil kalten Zimmer der karrenden Fachwerkhäuser, in denen jeder Schritt zu hören ist. Allenfalls der Blick nach draußen kann die Laune aufhellen. Oder auch nicht: Sommerzeit bedeutet harte Arbeit.


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Infotainment-Center bis in die 50er Jahre: das Dampfradio. Es stand auf dem Bord in der Küche und man stellte nicht Frequenzen, sondern Sender ein; im Bergischen meist Langenberg oder Köln. Ganz von ferne kamen Töne aus Luxemburg oder sogar Beromünster, Schweiz.


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Multimedia bis vor einigen wenigen Jahrzehnten: die Tageseitung. Zum geflissentlichen Studium empfohlen.


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Und was, bitte, ist eine Mikrowelle?

Dafür konnte dieser Herd aber soziale Taten verrichten: die Familie versammelte sich in der meist einzig beheizten Stube des Hauses und fand so zwangsläufig zusammen. Die Chance, sich auf die Nerven zu gehen und der trauten Runde zu entfliehen, hatte keiner. Es sei denn, Rheuma wäre für ihn eine wundervolle Perspektive gewesen.


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Hygiene-Center: im so genannten Spülstein wurde gespült. Töpfe und Geschirr, Gesicht und Füße, Baby und Hund, nicht selten auch Wäsche und Arbeitsgerät. Denn fast immer gab es nur eine einzige Quelle mit fließend Wasser (wenn überhaupt !) im Haus, eben am Spülstein. Oder draußen, manchmal weit draußen, am Brunnen. Was sommers zu ertragen war, wurde winters zur Qual. War das Wasser im Haus, hing neben dem Spülstein das Handtuchreck. Mit Huddeln, die am ehesten selbst eine Wäsche nötig gehabt hätten.


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Küche und gute Stube bei schon mächtig wohlhabenden Menschen. Wer sich solch eine Anrichte leisten konnte, gehörte fast schon zum gehobenen Bürgertm.


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Das wenige Geschirr (der Begriff kommt von "Scherben" = Tonerde) stand auf Regalen (engl: Cupboard, Tassenbrett, für Schrank). Selten hatten alle einen Teller, das meiste musste man aus einem großen Topf auslöffeln, in dem andere einem etwas eingebrockt hatten (wenn es denn überhaupt Brotbrocken gab zur dünnen Suppe). Solch Sammelsurium fand sich in manchem Bergischen Haushalt bis vor ganz wenige Jahre oder heute noch.


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Fazit: in der "guten alten Zeit" galt es zu arbeiten wie ein Pferd. Heute ist das anders. Da arbeitet mancher Dumme Hunde wie ein Esel. Und hält andere für Ochsen und meckert wie eine Ziege, wenn er nicht wieselflink und katzbuckelnd bedient wird. Da dreht man sich im Hamsterrad und fühlt sich in der Mausefalle oder wie im (Goldenen) Käfig und blökt wie ein Schaf. Die Spatzen singen es von den Dächern, wo auch die Tauben bleiben können, wenn man aufgefordert wird, fly with the eagle or scratch with the chicken. Wobei, wie man weiß, auch ein blindes Huhn ab und zu ein Korn findet – und selbigen trinkt.


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