Dada tu!

Im Doppelsinn liegt die Einfalt. Im Zweifel die Erkenntnis. Im Einfachen das Hinterhältige. So ist es eben im Leben. "Dada tu?". Na klar: tu es, trau Dich, sei endlich wahn-sinnig, bevor Dich der Sinn-Wahn packt. Oder doch "Dada 2, two"? Dada, die zweite. Dada 2.0, so wie Web 2.0? Kein Ort wäre geeigneter, solche bedeutenden und daher völlig übersehenen Fragen zu klären als Solingen, wo die Klärung von Fragen noch nie im Vordergrund stand, sondern einzig und allein das Aufwerfen, Aufbringen, Erörtern derselben. Also bringen wir auch an dieser Stelle Fragen ans Licht, die sie bisher gescheut haben. Indem wir auf das aufmerksam machen, was jeder schon einmal gesehen, aber noch nie (für) wahr genommen hat.

 

Das dadaistische Element des Solingerischen liegt in der Aufhebung von Irrationalität und Realität im täglichen Allsein. Alles kann alles sein. Nichts hat Sinn, solange es kein Unsinn ist.

Das jedenfalls ist das Primat des Denkens in der Solinger Politik, womit ich Generalabsolution erheische, dergestalt, dass ich damit kundtue, niemals bezweifelt zu haben, dass Solinger Lokalpolitik erstens auf Denken und zweitens auf Sinn beruht.

Da aber in der Astrophysik inzwischen bewiesen wurde, dass das Vorhandensein von Materie das zwingende Vorhandensein von Antimaterie voraussetzt (und zwar in erheblich größem Umfang als Materie; wer's nicht glaubt, lese wissenschaftliche Literatur, er wird sich wundern, wie wahr es ist), kann ich unter Anwendung der Einsteinschen Relativitätskonstante und der Heisenbergschen Unschärfe-Relation mit Fug und Recht behaupten: Gedankenlosigkeit und Unsinn sind die wahren Kräfte, die den Kosmos Solingen am Implodieren halten.

Solange, bis das Schwarze Loch perfekt ist. Aus dem heraus kein Gedankenblitzt jemals wieder ins Universum des Geistvollen fliehen kann. Mit anderen Worten: Dada erklärt, warum am Schlagbaum die Autos direkt durch die Blumenrabatte fahren.
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Selbige Rabatte werden von Gärtnern nach internal anerkannten Regeln der Viola Disvergenz gepflanzt. Bevor Sie sich nun per Wikepedia und ähnlichen Filzpantoffeln des Wissens auf die Forschung nach der Bedeutung des Wortspiels "Viola Disvergenz" machen, hier die Auflösung. Heisst nämlich auf gut deutsch: die Stiefmüttchern stehen wie Kraut und Rüben durcheinander.


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Weshalb ich mir gestatte, sie zu einem hübschen Muster von Porzellantassen, gestickten Tischdecken oder Kunstfell-Überwurfdecken für Schlafsofas umzuwandeln. Womit wieder einmal bewiesen ist: was dem Fremden wie ein dilettantischer Versuch erscheint, mittels Pflanzen zu retten, was per Bebauungsplan zum Horrorszenarium wurde, ist dem Künstler Inspiration genug, Phantasie mit Nützlichkeit in Einklang zu bringen. Wenn das kein Dada ist, was dann?


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Überhaupt wird Solingen, seine szenische Erscheinung und sein Flair, Ambiente, Spirit, Verve, Oeuvre immer in total falschem Licht gesehen.

Oder die Obusse immer auf ihr Baujahr, Kilometerleistung und Länge der Stromabnehmerstangen reduziert. Falsch, sage ich. Allein dieses Bild beweist doch, wie geschicht sie sich, raubtierkatzengleich, im Geäst altersschwacher Bäume bewegen und als listig-lustige Schnurrkatzen auf Solinger Straßen rumjöüstern (jöüstern ist solingerisch und bedeutet in etwa "huschen"). Und so kann man sich, Photoshop-Filter sei Dank, die Welt auch schönmachen, ohne dass sie es sein muss. Ist das nicht schön? Viel mehr, es ist tatüüü-dadaaaa ...


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Ist Solingen schön, so wie Solingen ist? Oder muss man sich hier manches schöndenken, schönreden, schönsehen? Nun, der Trick ist noch einfacher als Dada: sobald man sich nur auf die Konturen konzentriert und die Details nicht beachtet, wird in dieser Stadt so manches majesteätisch, was ansonsten eher banal, wenn auch gekonnt ist ist (oder geklont, gekonnt geklont). Übrigens: in dieser alten Schule (Burgstraße) habe ich, lang, langs ist's her, 1964 nämlich, mal das Handwerk des ehrbaren Schriftsetzers (Handsetzer, Bleisatz) gelernt. Bei eben jedem Mann, der den Solingen-Schriftzug erfunden hat, Fritz Odenthal. Und deshalb ist dieses Gebäude schön. Prinzipiell jedenfalls, in seinen konstruktiven Elementen. Habe ich Ihnen eigentlich schon davon berichtet, dass Dada ein konstruktivistischer Ansatz ist? Nein, seh'nse. Wären'se auch in diese Schule gegangen, wüßten'ses jetzt.


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Sage keiner, Solingen hätte keinen Humor. Und zwar über die Ausstellung der Cartoonisten-Humoristen im Theaterfoyer hinaus. Nein, das reale Leben schreibt in Solingen genug Satire.

Hier wird dem Herrn Ackermann und seinen Zinsknechten Einhalt geboten. Denn diese hatten der Stadtverwaltung eingeredet, Geld ließe sich beleibig vermehren. Und so nahm der Kämmerer seine Schulden zusammen, vertraute sie der Deutschen Bank an und die mehrte erstens den eigenen Gewinn (Merke: Wer hat, dem wird gegeben) und zweitens die Schulden der Stadt, indem sie den Fond in der Jauchegrube des Abwärtstrends versenkte. Nun hat die Stadt noch weniger Geld, der Herr Ackermann hat noch mehr Geld, die Stadt hat noch mehr Ärger und die Bank einen Kunden weniger.

Dass dann alle Ampeln vor der Deutschen Bank auf Rot stehen, wen wundert's? Den Dadaisten jedenfalls nicht.


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Zwar sind Wir Papst, doch der Katholizismus ist in dieser Stadt keineswegs dominant. Im Gegenteil, den Part der unfrommen Christen übernehmen derweil die Evangelen, ganz nach dem Lutherwort: Haut Euch Volk aufs Maul (oder habe ich da was falsch verstanden?). Jedenfalls mobben sie sich bei den Fresspitter-Wahlen (oder wie heißen die?) und lösen Kirchengemeinden vor allem dann auf, wenn darin beliebte Pfarrerinnen wirken und der Gläubigen Zuspruch haben. Dann jedenfalls glaubt so eine Gemeinde, sie steht im Wald und könne zwar nicht die Segel, aber einige Pfarrstellen streichen.

Derweil Urwald über die Clemenskirche zu wachsen scheint, deren Betontürme im übrigen schon alleine deshalb nötig waren, weil Wuppertaler Artilleristen bis heute behaupten, sie hätten gegen Ende des Krieges aus Spaß und weil jener zu verloren gehen drohte, den feindlichen Solingern die alten Spitzen einfach vom Turm geschossen.

Wenn sie mich fragen, das klingt glaubhaft. Denn Dada ist überall. Warum nicht auch in Wuppertal und in den Solinger Spitzenkirchen, sorry, Kirchenspitzen.
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Im übrigens, Religion geht auch dadaistisch: "Ehre sei Gott in der Höhe", predigt der Pastor und das Volk läuft raus aus der Kirche, heuert einen Kran an und liftet die Kirche empor. Damit dort, dort oben, ... siehe oben.

Kalauer? Nein, Realität in Solingen: Die katholische Kirche: ganz unten (jedenfalls in diesem Bild). Und davor ein Kran, mühsam durch Bäume kaschiert. Der lupft gleich das Kirchlein an, ehrlich.

Schon alleine deswegen, weil der Kirchen- und Stadtpatron (ja, Politik und Glauben, also Staat und Kirche sind hier ein und dasselbe, nämlich von oben herab) St. Clemens mit einem Anker um den Hals (den Anker findet man im Stadtwappen Solingens) wegen seines Glaubens ertränkt wurde und er somit als Märtyrer gilt.

Daher steht der gute Mann nun so hoch auf dem Berge, dass selbst das Abschmelzen beide Polkappen ihn nicht mehr fortspülen kann. Clever sind sie, die Solinger, hoho!


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Allerdings sind sie auch schon alleine deshalb clever, weil sie zu taktieren wissen. Dass nun eine moslemische Gemeinde in Wald eine Moschee neu errichten will, führt, wie man sich denken kann, zu geringen öffentlichen, aber um so intensiver zu Diskussionen hinter vorgehaltener Hand und zugezogenen Stammtisch- oder Ausschuss- oder Parteizirkel-Türen.

Derweil eben die St. Clemensianer – nicht verwandt oder verschwägert mit Clementine und ihren Früchtchen – den umgekehrten Weg gehen: sie probieren aus, ob ihre Kirche nicht wie eine Moschee im Wald wirken könnte. Auch hier hilft Dada: Mit verkehrten, verklärten Blick gesehen, zaubert ein Betonhütchenspielertrick eine moscheenartige Fata Morgana herbei. Beleuchtung und Belichtung sei Dank, so kommt ans Licht, was im Busch ist.


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Das wiederum wollen sich die Evangelen nicht entgehen lassen und flugs widmen sie die hundertjährige Lutherkirche, auf eine Reform mehr oder weniger kam es Luther ja nie an, ebenfalls muselmanischen Zwecken: Denn mit gleichem Klick-mich-an-Filter betrachtet wirkt auch die Lutherkirche wie Teil einer Moschee, Arabesken als Zierrat eingeschlossen.


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Mehr als Dadaismus lieferten diese beiden Häuser am Schlagbaum, die Christians-Villen. Nachdem sie nun mal so heißen wie die Familie, die sie samt früher hier stehendem, nunmehr abgerissenen Werk immer geheißen hat und die alten Besitzer, wirtschaftlicher Niedergang sei Dank, die Häuser verkauften, ein Herr Herriger, nomen es omen, den Namen beließ und über ein Mini-Imperium herrscht, zu dem auch ein Restaurant gehört, dass, dem Namen der Villen gemäß, "Christians" heißt, hat der aus dem Familienstamm verbleibende Herr Christians, er klagt leidenschaftlich gerne und liebt es offensichtlich, sich benachteiligt zu fühlen, die Klage erhoben, ein Restaurant dürfe nicht, jedenfalls solange er nicht zugestimmt hätte, so heißen, wie beispielsweise das Haus, dessen Namen der Herr Herriger mit dem Haus als solchen zwar nicht erworben, aber immerhin übernommen hat. Das ist nicht Dada, das ist echt so geschehen in Solingen.

Nun, der Streit endete so, wie selten eine Sache, die gerichtsanhängig ist: vernünftig. Und ein Restaurant in den Christans Villen darf Christians heißen, auch wenn der Herr Christans anderer Meinung ist. Na dann: guten Appetit (womit ich sagen will: das Restaurant tut viel, damit sich selbiger einstellt und ist deshalb, schon allein des Ambientes wegen, trotz subjektiver Zurückhaltung objektiv empfehlenswert. Auch umgekehrt.).
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Zusammengefasst: Das wurde dem Herrn Herriger dämlich, dass in den Christians-Villen das Villen-Restaurant nicht Christians heißen sollen dürfte. Bester Gourmet-Dada sozusagen.

Nun soll man ja nicht über Fastfood lästern, wissen wir doch, wozu sein Meiden führt: zu unanständiger Dünnheit.

Hier jedenfalls werden Burger verkauft, königliche. Burger King. Und wo ist Burger King? Dort, wo der sozusagen Bergischen Könige Schloss steht, in Schloss Burg? Mitnichten, der Burger wird am Schlagbaum verkauft und nicht mal auf einem Burger Brezel, wie man ihn an jedem geschlagenen Baum in Burg an der Wupper verspeisen kann. Ein Burger King gehört nach Schloss Burg, dort wäre er König.

Warum der Schlagbaum Schlagbaum heißt? Keiner weiß es wirklich genau. Man nimmt an, dass es früher hier eine Kontrollstelle für Kohle- und Eisentransporte gab, eine Zollstelle. Kann aber auch sein, dass hier, am Verkehrsknotenpunkt der Stadt, alles so beschränkt ist, dass sich der Name von ganz alleine eingebürgert hat. Als dadaistische Form des heimlichen Bürgerprotestes gewissermaßen.

Außerdem wird nahebei das Neue Rathaus gebaut. "Wir leben mit 'nem Brett vor'm Kopp" kann man ja nicht sagen; "wir sind am Schlagbaum zu finden" klingt harmloser, fast so wie "heute stehen wir am Abgrund, morgen sind wir einen Schritt weiter".
How'k, ich habe gesprochen.
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Wo steht der Turm zu Babel? Die einen, die, die sich für schlau halten, werden sagen: "in Babel" (also Ex-Babylon). Die Gebildeten werden wissen: im Kunsthistorischen Museum von Wien, da hängt ein solches Gemälde von Peter Bruegel, jenes extrem bekannte Symbol der Anmaßung.

Die wirklichen Wisser aber nehmen es als Geheimnis mit in den Einäscherungsofen: Der Turm zu Babel ist ein Giebelfront-Gemälde am Schlagbaum, unübersehbar groß und deshalb so gut wie von niemanden beachtet. Eines der schönsten Gemälde der Stadt, ein optisches Kleinod, das im öffentlichen Bewusstsein schlichtweg nicht vorkommt.

Denn Babel, das ist die Mahnung, hat den Menschen dermaßen die Zunge verdreht, dass sie fortan in fremden Sprachen redeten und sich nicht mehr verstanden. Babylon ist nicht überall. Babylon heute, dass ist Solingen. Nur hier versteht keiner keinen. Verstehen Sie das? Dadas müssen Sie auch nicht. Ein Solinger, der Solingen versteht, hat Solingen nicht verstanden. Seien Sie also froh, wenn Sie jetzt den Kopf schütteln. So kommt Bewegung in Ihr Gehirn.
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Solingen ist eine Geisterstadt. A ghost town, no boom town. Auch deshalb, weil es hier einen Verein namens "Hexenkessel" gibt, bei dem Frauen in der Walpurgisnacht mal ganz unter sich sein wollen (das ist die, bevor man die Arbeit feiern geht, nämlich der 31. April, einen Tag vor dem 1. Mai – wie, den 31.3. soll's nicht geben? Sehn'se, schon weggehext !).

Dieser Rückzug aufs mentale kollektive Menstruieren Ist aber, das sei verraten, nur eine nette, liebenswerte Marotte, eine Parodie mit allerdings seriösem Hintergrund oder eine geschickt in listige Lustigkeit verkleidete ernsthafte Sinn- und Zusammenfindung, um sich gegenseitig Mut zu machen, den Mut zu haben, in Kombination Frau und erfolgreich zu sein. Was ein typischer Solinger Mann mit den Worten quittieren würde: "Wat soll dä Quatsch? Hann' die süss nix to donn?" Als Erfolg gilt in Solingen, wenn man das tut, was andere erwarten, dass man tut, dies aber so geschickt und erfolgreich, dass die anderen nicht merken, dass man genau das Gegenteil davon tut. Kein Dada, sondern die Kunst des Überlebens in dieser Stadt. Es ist eben wie verhext. Siehe Foto.


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Nachts sind, so heißt es, alle Katzen grau. Also sind, das gebietet die Logik des Dada, auch alle Nächte grau, in denen man einen Kater hat. Und wenn man einen Kater hat, respektive man ihn sich antrinkt, soll man nicht, rät die Polizei, Schlangenlinien fahren. Hier aber in Solingen MUSS man Schlangenlinien fahren, sonst kommt die Polizei !

Wer auf der Konrad-Adenauer-Straße, die früher Kaiserstraße hieß (was ja so gesehen das gleiche ist) fährt, wird zum Slalom gezwungen, dass muss man mal ganz nüchtern so sehen.


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Gut, wenn man in diesen Fällen so sturzbesoffen ist, dass die Welt ein bunter Jahrmarkt wird. Dann wirkt Solingen plötzlich liebens- und lebenswert, eine Mischung aus Müncher Oktoberfest und Hamburger Dom, aus Disneyland und Disco-Glamour. Dann lässt es sich hier leben, obwohl die Nächte so trist sind, dass es einem sterbenslangweilig werden kann. Es ist immer nur eine Frage des Grades an stimulierenden Substanzen, die man zu sich nicht. Entweder Spirit als Himbeergeist-Cocktail oder Geistiges als Dada-Mix, das Ergebnis bleibt gleich.


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Jou, denken Sie jetzt, nun ist er total knülle, durchgeknallt, stinke-besoffen. Gemach, langsam, mal bitte ganz ruhig: dies ist nichts anderes als die Fahrtempfehlung, wie sie fahren müssen, wenn sie, sagen wir einmal vom Theater-Parkplatz zum Parkplatz vor der Hauptpost wollen oder von der Wupperstraße zur DAK vor'm C&A oder etwas in der Linkgasse liefern müssen, und gerade an der Potsdamer Straße kurz vor der Einmündung Richtung Schlagbaum stehen. Dann nämlich werden Ihnen genau diese Wege empfohlen. Mit einem Computer-Spezialverfahren wurden hier die wichtigsten Durchfahrten in Solingen aufgezeichnet. Kenner erkennen sofort die Goerdeler Straße, Bildmitte links, den Innenstadtbereich mit seinen Einbahn-Lieferstraßen, den umgestalteten Graf-Wilhelm-Platz und seine Blockumfahrungen rechts, links oben die Wupperrennstrecke L74 Müngsten-Kohlfuhrt und und und ... ganz schön Dada, oder?


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Doch, Friede sei unter den Menschen und der Himmel uns gändig, fast wolkenlos und voller milder Abendsonne. Dann ist die Silhoute dieser Stadt wie ein Friedhof, dessen Kreuze stumm zum Himmel ragen? Aber nein, eben nicht, was nach Grabesruhe aussieht, ist eines der (immer noch) geschäftigsten Unternehmen dieser Stadt, ein schneidiger Name köchiger Kultur. Da bricht man sich keine drei Zacken aus der Krone, wenn man rätselt, um welches Werk es sich handelt, was der Fotograf hier zu Bilde gebracht hat.


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Friede, Freude, Eierkuchen.
Ob Friede, weiß ich nicht.
Ob Freude, bin ich sicher.
Ob Eierkuchen, glaube ich nicht.

Ein lauschiges Ecklein im unteren Theaterfoyer ist als eine Art Lounge oder Bistro hergerichtet. Davor, außen, nun kann man stehen und sich überlegen, ob man hinein gehen soll oder darf oder kann. Doch da es nicht für Öffentlichkeit geöffnet, sondern nur theatralischen Ereignissen vorbehalten ist, bleibt dem eintrittskartenlosen Bürger nur die Alternative: Crash oder trash? Einbrechen oder Müllkübel. Denn dieser steht, prall gefüllt, appetitlich und sinne-anregend direkt vor der kulturellen Ess- und Trink-Lokalität und lädt zur Selbstbedienung ein. So ist das hier in Solingen: hier wird so viel Mist gemacht, davon werden andere mühelos satt, indem es ihnen den Magen umdreht. Das nennt man in Solingen die Dada-Diät.


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Aber auch hier gilt der Trick, den wir nun ja schon so gut kennen: konzentriert man sich auf das Prinzipielle, wird in Solingen auch nicht so schlecht geschlemmt, wie der Müll sortiert gesammelt wird.

Denn da leuchtet selbst die Blaue Blume der Romantik und ein mickriger Bühnenaufbau in einer armseligen Theaterecke wird zur Sheherezade aus Tausend und einer Nacht.


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Männätschment. Auf dieses Wort haben wir lange in Solingen warten müssen. Manager sind wichtig, das wissen wir alle, und eingedenk ihres bescheidenen Gehaltes und der veröffentlichten erbärmlichen Abfindungen wissen wir, wie undankbar wir mit Managern umgehen.

Was sie managen, ist weiter nicht wichtig, sie werden ja ohnehin turnusmäßig oft ausgetauscht. In Solingen sind jedenfalls Hallen so wichtig, dass sie eigene Manager haben. Nein, nicht Kunst und Kultur, nicht Vergnügen und Bildung, nicht Erbauung und Tradition werden gemanagt, sondern die Hallen. Eine gemanagte Halle ist eine bessere Halle, soviel steht fest.

"Es braust ein Ruf wie Donner-Hall" klingt ja auch besser als beispielsweise "Es hallt ein Donner-Ruf aus der Brause".

Seit Tagen nun irre ich ums Theater und suche das Gegenstück, nachdem mir gewiesen wurde, es gäbe einen Bühneneingang. Wo aber ist der Bühnenausgang? Denn wenn alle Künstler reingehen aber nicht rauskönnen, wo bleiben sie dann? Vielleicht, dass sie weggemanagt werden?

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Möchten Sie sich jetzt aufhängen? Hier können sie es. Hier ist die Abhänge-Station des Hallenmanagements. Hier wird Ihnen genommen, aber auch ein wenig gegeben. Ihr Trenchcoat gegen eine Plastikmarke. Oder Ihr Nerz gegen diese Pfandmünze.

Hier drängen sich die gebildeten Zehntausend der Stadt (wie bitte? 10.000 ???). Und hier wird gedrängelt, dass Aldi und Lidl beim Aktionserkauf von 300-Euro-Laptops wie gesittete Klostererziehungsschulen wirken.

Hier kommt es täglich zu sexuellen Übergriffen. Wieviel schlaffe Busen erotisch degenerierter Beamtenwitwen ich hier schon in mein breites Kreuz gedrückt bekommen habe, wenn sie wie durch Drogen enthemmt massiven Körperkontakt suchen, um ihr C&A-Mäntelchen wiederzubekommen, und zwar noch vor mir, obwohl ursprünglich hinter mir die Treppe runtergehinkt, das verschweige ich aus Gründen der Selbstzensur. Jedenfalls, wer mal wirklich wissen will, wie Achselschweiß und dreifach aufgetragenes Makeup in Kombination riechen, dem empfehle ich, sich in das Abenteuer "Ich hol schon mal eben die Gardarobe" zu stürzen. Man denkt nie mehr ans Aufhängen, sondern geht, lernfähig wie man ist, neuerdings nur noch im Hend ins Theater. Obwohl, ich muss es ehrlich gesehen, mir die sexuellen Abenteuer mit den weichen Busen im Kreuz fehlen. Aus einem einfachen Grunde: Neuerdings leide ich häufig an Ischiasschmerzen. Meine Katze will ich nicht schlachten, um ihr Fell um meine Hüften zu schwingen. Da täte mir ein Theaterbesuch vielleicht noch mal gut. Stundenlanges intimes Kuscheln mit einer Fremden direkt vor der Gardarobe. Dadas muss ich mir mal gut überlegen.

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