|
||
Jetzt wird's hart. Und echt deutsch. Hart für die Jugend, die keine Chance mehr hat, Fraktur (typografisch: black letters) zu lesen. Und deutsch, weil die Ode ans Bergische Land aus dem Jahre 1927 stammt. In jener Zeit mochte und wollte man noch das Hochlied auf alles treue deutsche, fleißige Bergische, ungemein Heldenhafte sagen und singen – man strotzte nur so vor nationalem Selbstbewusstsein. Man sonnte sich in der Illusion, so etwas wie die Krone der Schöpfung zu sein. Was uns heute schwülstig bis peinlich erscheint, war damals aus dem Gefühl, im Krieg (auch wenn man ihn angezettelt hatte) und danach (Inflation, Besatzungszeit) gedemütigt, erniedrigt, entwertet worden zu sein, ein schierer Akt ver Verzweiflung: die Beschwörung der Vergangenheit, die längst schon ein Ende gefunden hatte, ohne dass man dies erkennen wollte oder konnte.
|
||
Als es noch kein Internet gab, war die lokale Zeitung der Bote für alles Neue und Wissenswerte. Selbst kleinste Heimatblätter druckten beachtliche Artikel oder Beilagen, um den geschätzten Lesern die große weite Welt im wahrsten Sinne des Wortes ins Haus zu liefern. Der Bildungsauftrag hing ähnlich wie ein göttlicher Segen unter der rauchgegilbten Holzdecke der Redaktionsstuben und buchwandverzierten, holzvertäfelten Verleger-Bureaus. So auch wohl in Zeitz. In wo? Schande über Ihr Haupt, wenn sie nich wissen, wo das ist. Zeitz ist, laut Internet-Propaganda das Herz des Burgenlandes. Das wiederum vermutete der touristisch vorbelastete Bundesbildungsbürger in Österreich, allein, www.zeitz.de belehrt eines besseren: Zeitz ist im Schnaudertal, worauf selbst der Beantworter der 500.000-Euro-Frage bei "Wer wird Millionär?" die Segel strecken muss: Schnaudertal? Nie gehört. Nun, es liegt südwestlich von Leipzig, auf halber Strecke nach Gera. Wenigstens Leipzig sollte man schon mal gehört haben .... Übrigens: Zeitz lädt ein, in die Tiefe zu gehen: > mehr |
Zeitz bei Google Maps: Zeitz in seiner Internet-Selbstdarstellung: |
|
Zeitz sei Dank also für eine heroische Darstellung des Bergischen; pikanterweise ist mit Wuppertal nicht die Stadt Wuppertal gemeint, denn die gab es 1927 noch gar nicht, sondern das Tal der Wupper. Und sowohl dieses Tal wie seine bergisch-bergigen Berge sollen hier an die große Glocke gehangen werden. Frei nach dem Motto: sei gut und lass darüber reden. |
. |
|
. |
per Computer nachträglich coloriert: hgw |
|
Als herbschön wird das Bergische Landbezeichnet und der Leser erfährt, dass Sauerland nicht von der sauren Miene seiner Bewohner oder der sauren Arbeit kommt, sondern Süderland heißt; was im Ort Sundern ja noch phonetisch nachklingt. Und, wie bekannt, Bergisches Land kommt nicht vom bergigen, sondern von den Grafe von Berg, oder ursprünglich Berghe, latinisiert "monte", gleichwohl der Name der Grafen auf ein bergiges Land deutet, was der Bergische ja nun auch ist. Rätselhaft, sagt der Autor, sei, dass das Bergische so lange in der Welt unbekannt gebleiben ist. Ach, hundert Jahre später ist es das doch auch noch! |
||
Dass allerdings als Mittelpunkt de Bergischen Landes Lennep angegeben wird, und die Tuchindustrie gelobt wird, dafür müsste man den Autoren noch heute am höchsten Giebel von Schloss Burg aufknüpfen – als Rache über so viel Geschichtsverdrehung. Remscheid oder gar Lennep als Mittelpunkt der Bergischen, ja, wo kämen wir denn hin, wenn wir auch nur einen Gedanken daran verschwenden würden ... Ein würziger Odem der stärkenden Bergluft weitet die Brust .... joi joi joi. Heute bekomme ich immer Kopfschmerzen, wenn ich von einer Reise nach Solingen zuürckkehre und den ganzen Chemiedreck aus der Rheinebene – von Leverkusen bis Benrath – einatmen muss. Man staune: Das nimmer rastende Lied der Arbeit, Hammerschlag und Amboßklang, das Surren des Webschiffchens und das Sausen Hunderttausender von Spindeln, das Dröhnen der Fallhämmer und dumpfe Rollen der Walzengänge, das Kreisen und Sirren der Sägen und Schleifsteine zieht wie das ferne Brausen einer endlosen Woge die Täler und Berlehnen entlang, und ihr Echo pflanzt sich von Höhe zu Höhe, von Stadt zu Stadt in hallenden Akkorden freundnachbarlich fort. JOI JOI JOI JOI JOI. |
|
|
Von Solinger Stahlwaren und Remscheider Werkzeuge hat alle Welt gehört, aber "Barmer Artikel" sind durchaus auch im Bergischen KEIN Begriff (mehr?). Der Autor fabuliert, der Mensch hätte schon frühzeitig Siedlungen im reichen Waldschmuck angelegt – allein, ein erneutes Mal irrt der Autor gewaltig. Teile des Bergischen und vor allem des Wupper-Tales wurden es spät besiedelt. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Aha, so also sind wir Bergischen: .... Bevölkerung im Laufe der Jahrhunderte die sprichwörtlich gewordene Note urwüchsiger Derbheit und froher, freier Erdhaftigkeit, die auffallend absticht von dem in unmittelbarer Nähe wohnenden leichteren rheinfränkischen und dem an seinen Ostgrenzen sitzenden schwerblütigeren sächsischen Volksschlag (ich dachte immer, das seien die Westfalen). Die Sprache wechselt zwischen dem harten sächsischen Dialekt und der weicheren fränkischen Mundart. Wieder irrt der Autor: das weichere ist das Rheinische, genauer gesagt das fränkisch-ripuarische; und dass hier nahebei sächsisch gesprochen wird, das kann nur behaupten, wer in Sachsen diesesn Text veröffentlicht .... !!!! |
||
. Bleibe im Lande und nähre Dich mit Rettich: .... So sind bergische Auswanderer verhältnismäßig selten Gäste in fernen Breiten fremder Erdteile. (ABER DIE, DIE ES SIND, SEI DIESE GESAMTE SITE "SOLINGEN-INTERNET" GEWIDMET !!!) |
||
Er schaut ja nicht gerade souverän, der Schleifer aus dem Gelpetal. Aber uns Solinger kann es beruhigen: wir wissen ja nun, dass da – jendseits des von Solingen aus gesehen östlichen Wupperufers – Sachen beginnt. Aha. |
. |
|
. | ||
. | ||
Es ist ja eine nette Idee, hier mit einem Vögelchen zu fliegen, um das Bergische Land kennenzulernen. Dennoch rate ich dringend von Nachahmung ab. Erstens würde die angegebene Flugroute gar nicht funktionieren, sie stimmt schlichtweg so nicht in einigen Teilen und zweitens kämen Sie in die An- und Abflugrouten und damit gesperrten Lufträume von gleich zwei Großflughäfen, Düsseldorf und Köln/Bonn. Und Ohligs, Höhscheid, Wald und Gräfrath waren niemals, wie im Text romantisch besungen, Schwestrestädte. Es waren schlichtweg Konkurrenten. Nett ist doch dagegen, die Remscheider Silhouette mit Rothenburg ob der Tauber oder Jerusalem zu vergleichen (was ja sozusagen "gleich nebenan" liegt). Bleibt noch nachzutragen, dass Groß-Solingen ebenso wie Rom auf sieben Hügeln erbaut ist. Und die gleiche Vorwahl wie New York hat, 212. |
||
PORTA WUPPERANA. Einen schöneren Namen kann es doch gar nicht geben für einen Ort, der heute schlicht und Einfach "Kläranlage Buchenhofen heisst" und der dafür zuständig ist, dass der Wuppertaler Dreck auch auf dortigem Gebiet zurück bleibt. Dass es früher noch extrem viel schlimmer war, ist weiter unten deutlich zu lesen. Sogar in Reimform. |
||
,, |
||