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Stadtfest 2008 (5) |
Echt.Scharf.Solingen. So das Motto des Stadtfestes. Ein genialer Slogan. Er passt zur bellenden Jugendsprache, die ja nur noch aus würgenden Kehllauten besteht oder verdrehten Anglizismen (weshalb pukka-ruttish-Solingen die total angesagte seriöse Übersetzung des Slogans in Global-Village-Englisch wäre) und symbolisiert erstens, was Solinger Stahlwaren nachgesagt wird ( englisch"biting" zu sein; oder wie der Solinger sagt: "Dat Metz schnitt wie'n duder Hongk bitt.") und was Solingen eben nicht ist: scharf im Sinne von randy, stiff, tangy, tart, twangy, hierce, adroit, acrid, keen, wie man international sagen würde.
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Hier ist das Motto dann mal gleich in die Solingen-beliebten Sondernangebote umgesetzt. Schön, dass man in Solingen Messer aus Solingen für Menschen aus Solingen anbietet, und dann auch noch gleich fünf, wo der Mensch doch nur zwei Hände hat. Da liegen drei Messer ständig rum, das gibt Kürmel, Kürmel mag die Solingerin nicht, also kommt es zu Konflikten, Konflikte mag eh überhaupt keiner und was ist die Folge? Man lässt die Messer, wo sie sind, im Körbchen, und denkt sich: "Dat alte däht es ja ouch noch." Eben, praktisch veranlagt sind sie, die Solinger. Außerdem: Griffe in türkis – wo jött et denn su jätt?
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Und erst mal: Liebe in Blau. Die blaue Blume der Romantik? Oder das vom Himmel geholte Blau? Jedenfalls schmerzt mir der Zahn schon bei solchen Anblicken, ohne dass ich reinbeißen müsste. Und als journalistischer Korintenkacker frage ich mich ja sowieso, liebe ich Dich, bis ich doll werde oder weil ich doll bin? Geben Sie es zu: Ihnen ist gar nicht aufgefallen, dass das Wort "ganz" verdoppelt ist, sehnse, denn es hätte ein Komma dazwischen gehört. So viel Spritzguss muss sein, auch in der Liebe. Was ist eigentlich das Gegenteil des Herzchen-Spruches? Ich hasse Dich ein wenig kaum. Darüber könnte man stundenlang nachdenken. Bis man ganz blau wird im Gesicht.
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Und weil einem beim Nachdenken immer der Mund so trocken wird, braucht man Stärkung. Übrigens, Bierbrand, also Bierschnaps, ist wirklich eine Köstlichkeit. Bekommt man aber nur sehr, sehr selten (und dann vor allem aus und in Bayern). Kurios ist nur: Werbung für Drogen ist in Deutschland verboten. Für Bier und Schnaps nicht. Was, wenn nicht Drogen – eine Droge ist laut Definition der Weltgesundheitsorganisation jeder Wrkstoff, der in einem lebenden Organismus Funktionen zu verändern vermag – , sind denn Bier und Schnaps?. Auch, wenn man sie nicht in der Drogerie kauft.
Lustig ist, dass das Wort ethymologisch (also von der Abstammung her) aus dem niederländischen kommt und "trocken" bedeutet. Wer also "drogen-frei" sein will, der muss kiffen oder saufen oder schnupfen oder spritzen, damit er trocken-frei ist.
Drogen darf übrigens legal auch zu Gewürzen gesagt werden. Weshalb ich nicht trinke, sondern nur mein Leben würze.
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Ohnehin muss man mir mal erklären, wie man Jugendlichen erklärt, dass sie sich nachts um fünf nicht die letzte Ekstasy reinwerfen dürfen, wo sich ihre Großväter nachmittags um fünf garantiert nicht das letzte Bier reinwerfen. Dass die Opas nicht mehr so abrocken können wie ihre zappeligen Enkel, na, das kann nicht der Grund sein. Eher, dass sie an der Theke ja nur ernsthafte Gespräche führen und mittels Bierkonsum dem Wirt lediglich die Unkosten dafür erstatten, dass er ihnen eine Sitzgelegenheit bereit stellt.
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Ich glaube, auch deshalb ist das Stadtfest ein Familienfest. Jeder aus der Familie kann sich die Droge aussuchen, die sie und er am liebsten mag. Pils ist übrigens ein untergäriges Lagerbier und wird mit alkalischem Wasser gebraut. Was man aus Wikipedia nicht alles lernen kann ...
... oder eine alte Solinger Weisheit:
Zwischen Leber und Milz
passt noch immer ein Pils.
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Im Fliegenden Teppich über Solingen, dem Entenpfuhl, schweben. Von diesem historisch bezeugten Ort soll Solingen seinen Namen haben. Denn nicht Sole, Salz(wasser) ist die Bedeutung, sondern Suhle. Die Silbe Sol bezeichnete einst jene Lachen und Tümpel, Schlamm- und Schlick-Mulden, in denen sich Wasser und Tierkot und -Urin sammelte. Modder, wie man hierzulande sagt; an diesem später so genannten Enten-Pfuhl soll eine solche Suhle gewesen sein. Ein Sündenpfuhl ward hier dennoch niemals im Laufe der Historie gesehen.
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Diese Besonderheit gehört zur (Neu-)Stadt wie der Regen zu Solingen: das Glockenspiel bei Leiber. Seit langer Zeit (wie lange eigentlich schon?) erfreut es stündlich die Passanten. Bleibt zu hoffen, dass es noch sehr lange so erhalten bleibt.
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Und für diese Gebäude bleibt zu hoffen, dass sich recht bald einmal Spender finden, die einen Außenanstrich bezahlen. Hier, anfangs der Kasinostraße, sind die Räume der Casino-Gesellschaft und der Freimaurer-Johannisloge Prinz von Preußen zu den drei Schwertern; also eigentlich im recht verstandenen Sinne Eliten der Gesellschaft; da finde ich immer, das ein solches, an vergangene martialische Zeiten erinnerndes, ostzonen-vergammeltes Haus nun wahrlich nicht passt. Schade eigentlich, dass sich solch ehrenwerte Gesellschaften in Sack und Asche kleiden. Wenn das Hinweisschild für das einzige öffentliche, funktioniere Lokus in der Innenstadt attraktiver leuchtet als das Versammlungsgebäude der Menschen, die gesellschaftsprägend sein wollen, dann stimmt irgendwie was nicht.
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Paris hat den Eiffelturm, London die Towerbridge, Berlin das Brandenburger Tor und Venedig die Seufzerbrücke. Solingen hat auch eine Seufzerbrücke, zwischen der Clemens-Gallerie und Saturn/Kaufhof (*Seufz*, muss ich schon wieder Geld ausgeben?). Und dramatisch schön ziehen die Wolken am Himmel über das mysterische Ensemble.
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Sagte ich Seufzer-Brücke.
Das ist natürlich falsch, es muss Säufer-Brücke heißen, wie die Vergrößerung eines Bildausschnittes des obigen Fotos einwandfrei belegt. Es ist keine gestellte Szene!
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Ich ließ Sie an meinen Gedanken teilhaben.
Wenn Sie anders denken ist das Ihre Sache.
Ich schließe mich dem platten Werbespruch an:
mein Leben, mein Stil, mein Denken.
Dein Leben, Dein Stil, was denkst Du Dir bloß?
Übrigens: auch Sie können platte Wersprüche dichten. Sie müssen nur mit diesem Muster weitermachen:
mein Denken, mein Sinn
mein Fühlen, mein Sein
meine Schuhe, mein Auftreten
mein Mantel, mein Schutz
mein Kaufhof, mein Ort
mein Spruch, mein Geist
mein Blog, mein Schaufenster
mein Gesülze, meine Rache ...
... Sie sehen, Werbung und Bloggen und überhaupt das Leben – alles ist so einfach.
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