Waschhaus Weegerhof

Diese Einrichtungen gab es nicht oft in Deutschland, aber zwei davon in Solingen. Der Solinger Spar- und Bauverein baute in den 1920er Jahren eines in der Siedlung Kannenhof und eins im Weegerhof. Dort hat es bis 2005 seinen Dienst getan und wurde nun zum Kult. O Wunder, es kam Geld zusammen und engagierte Personen organisierten, dass aus dem Waschhaus ein Museum wurde. Und zwar eins, das so bleibt, wie es aufgehört hat. Praktisch als Dornröschen-Schlaf. Mit einem Ergebnis, das ganz einfach Freude macht. Am Eröffnungstag, dem 2.3.08., kamen – natürlich keine Fremden, sondern viele, die schon immer im Waschhaus ihre Wäsche gewaschen haben. Man schwelgte in Erinnerungen ...

 

Neben dem Spar- und Bauverein Solingen unterstützt der Förderverein Industriemuseum e.V. das Museum. In Zusammenarbeit mit dem Rheinischen Industriemuseum will man ein museumspädagogisches Programm für Schulklassen aufbauen und Gruppenführungen anbieten.
Das Museum „Loos´n Maschinn” in Widdert und das Weegerhofer Waschhaus sollen sich als Anlaufpunkte der Solinger Museumslandschaft ergänzen.


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Museum Waschhaus
Geöffnet jeden 1. und 3. Sonntag von 11 bis 13 Uhr
erreichbar vom Rondell
Hermann-Meyer-Straße oder
über Ernst-Moritz-Arndt-Weg

Freundeskreis Waschhaus
Petra Klinkner,Telefon 81 52 01

80 Jahre Waschaus. 73 Wäscherin.

Meine Mutter hat 73 Jahre ihres bisher knapp 87jährigen Lebens im Schatten des Waschhauses verbracht. 1935 zog sie mit ihren Elten auf den Ernst-Moritz-Arndt-Weg (13), lebte dort bis 1948 und dann ab 1955 auf dem Karl-Schurz-Weg (16). Sie kennt alle Waschmeister, die hier das Sagen hatten, persönlich. Und kommt heute noch ins Schwärmen, wenn sie von den Zeiten im Waschhaus erzählt.

Für mich selbst ist das Waschhaus auch Kindheits-Erinnerung. Wenn man dort helfen durfte, war das schöner als auf jedem (heutigem) Abenteuer-Spielplatz.


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Auf zur Besichtigung! Früher (eigentlich noch bis vor kurzem) gab es zwischen den Häusern Gärten statt Rasen. Diese Gärten hatten zu Beginn der Siedlung, vor allem im Krieg und lange Jahre danach eine immense wirtschaftliche Bedeutung für die Bewohner. Denn sie züchteten hier ein Teil ihrer Nahrung – so war man Teil-Selbstversorger.


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Ach ja, die Presse ist auch schon da. ST-Fotograf und ST-TV-Reporter Christian Beier ist auf Motivsuche ...


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... und lässt sich die Chance nicht entgehen, aus den Anfangszeiten des Waschhauses erzählen zu lassen. Und wie es so zuging beim Waschen.


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Mittags gedreht, frühabends im Netz: Christian Beier als "Rasender Reporter" versorgt Solingen mit den aktuellen Informationen.



Zum Film

Alles streng geregelt

Wenn man ins Waschhaus kam, war erst einmal an dieser Waage halt. Denn man durfte keineswegs unbegrenzt viel Wäsche waschen. Das war streng nach Personen geregelt. Wie überhaupt im Waschhaus alles geregelt war; davon später mehr. Man hatte die Wäsche in geflochtenen Körben, der Mang. Und diese auf einem Bollerwagen, oft selbst gebaut. Die zog man keuchend hinter sich her und im Winter – na klar, setzte man die Mang auf den Schlitten.


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Es ging zu wie beim Fliegen. Nur wussten wir damals noch nicht, dass wir jemals fliegen würden. Aber auch wir hatten schon beim Waschen manchmal "Übergepäck", also mehr Kilo als erlaubt (nicht auf den Rippen, sondern in der Mang). Und 30 Pfennige für ein Kilo Trockenwäsche war damals viel Geld. Außerdem schimpfte der Waschmeister. Und das riskierte kaum einer. Nur mit Erklärungen wie "Wir hatten Besuch, es gab eine Geburtstagsfeier" oder "Waren krank, haben durch Fieber viel geschwitzt und mussten die Wäsche oft wechseln" kam man mit einem gnädigen gebrummten "dann es et jot" davon.


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Schwiegermutter erklärt Schwiegertochter damalige Sitten des Weegerhofs.

Da hinein kam die Wäsche zum Einweichen! – Wie, einweichen? – Da in den Bottich, mit ordentlich Kernseife oder mit viel Pulver. – Warum das denn?
Die musste doch weiß werden.

Weiß werden! Sauber sein! Wer jemals im Weegerhof gelebt hat, wird dieses Trauma den Rest des Lebens nicht mehr ablegen können oder muss sich zum Rebell entwickeln. Übrigens, .... ich habe das Trauma überwunden.


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Und dann kam die ganze Wäsche hier rein. Eine Maschine Buntes. Eine Maschine Weißes. Und die klitschnasse Wäsche dann in die Zentrifuge.

An Maschine und Zentrifuge fanden heilige Akte statt: Nur der Waschmeister war befugt, die alten Maschinen anzustellen. Der musste auch früher das Wasser aufdrehen, denn schließlich hatte der Fachmann einen Dampfkesselschein und dafür eigens eine Prüfung zu absolvieren. Meine Aufgabe als kindlicher Wäschehelfer war, dem Waschmeister, Herrn Engels, im Haus zu suchen und ihn gnädigst (!) zu bitten, die Maschine in Gang zu setzen.
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 Hier steht sie noch einmal vor "ihrer" Maschine. Denn es war ein ehernes Gesetz, dass man am für das ganze Jahr festgelegten Waschtag immer an die gleiche Maschine und in die gleichen Kabinen kam. Wehe, man musste woanders hin, dann gab es Protest. Früher nahmen sich berufstätige Frauen oft sogar einen Tag frei, um die Wäsche im Waschhaus zu waschen. Das war immer noch weniger aufwendig, als sie von Hand zu Hause zu waschen, was im übrigen (im Spar- und Bauverein ist alles geregelt) auch damals verboten war. Strikt sogar.


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Nach dem Waschen und Schleudern ("handtrocken") wurde die Wäsche in großen Heißluftkabinen aufgehängt, aus denen man Schieber mit Wäscheleinen ziehen konnte. In spätestens zwei Stunden war alles "schranktrocken".

Wenn mich nicht alles täuscht, ist hier der Museumsleitung ein Fehler passiert. Denn Nylonwäsche hätten die Temperaturen in diesen Höllenöfen (wie in der Sauna!) wohl kaum überstanden oder waren nach fünf Minuten trocken. Aber eigentlich muss man Nylon ja kaum trocknen, das war und ist ja der große Vorteil. Dafür stank alles schon nach kurzer Tragezeit ekelhaft nach Schweiß. Apropos Duft: an Sommertagen wurde nicht im Trockenraum getrocknet (es herrschten dort Sahara-Bedingungen), sondern man ging auf die Bleiche, die Wiese hinter dem Waschhaus. Entweder auf den Rasen gelegt oder auf die riesigen Leinen gespannt war die Wäsche auch bald gut trocken, denn dort zog immer eine kräftige Brise.


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An dieser Mangel habe ich als (älteres) Kind meinen Plättschein gemacht: es war mein Ehrgeiz, die Tischdecken und Bettwäsche total faltenfrei durch dieses Ungetüm zu bekommen. Mit Übung ging das erstaunlich schnell und gut.
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Auch wiederum "meine Mangel", die Nr. 3 hinten links.

Hoheitliches

Auch nach Abschaffung des Absolutismus gab es noch unumschränkte Herrscher. Der Waschmeister war so einer. An diesem Schreibtisch residierte er. Er hatte Kapitänsgewalt: Captain's word is law – Käptens Wort ist Gesetz. Die Maschine auf dem Schreibtisch empfinde ich als furchtbar modern – ich erinnere mich noch an alte Bleistiftständer und ein Tintenfass.

Der Waschmeister als Wachmeister. Dieser Wortwitz muss erlaubt sein. Weil er der Wahrheit entspricht.


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Meine Mutter kennt alle fünf aus aktiver Waschzeit ... Ich selbst erinnere mich nur an die "Ära Engels".


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Heinz Butzen


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Hans-Peter Feck, der letzte seines Standes und seine Frau


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 Wasch- und Zuchtanstalt

Ist es nicht einladend? Auf dieses Schild prallt man, sobald man die Eingangstüre aufmacht.


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Es fehlte nur noch ein riesiger Lautsprecher, der immerfort "Achtung, Achtung" gerufen hätte ...


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Heute wird ein museumspädagogisches Konzept entwickelt, um Schülern das Waschhaus zu zeigen. Ich hoffe, keiner nimmt deswegen das Schild ab.


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Die Signalsirene, falls mal der Kesseldruck bedrohlich geworden wäre.


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Dieses Schild hat sich in mein Gehirn gebrannt. Kaum konnte ich lesen, war mir dieses beim ansonsten furchtbar aufregenden Besuch im Mangelraum in etwa so, als wenn der Teufel und Knecht Ruprecht im Verein auf mich zugekommen wären .... dieses Sonst ! – niemals ist mir jemals wieder Bedrohlicheres begegnet

Selbsterkenntnis: ich stelle soeben fest, dass ich oft die Masche mit den Punkten benutze. Was glauben Sie, woher ich sie habe im Unterbewusstsein ..... ?


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Einfach nur geil ... !

Sorry.

Einfach nur geil.

Nö, das ist doof, so ganz ohne Punkte, denn
Sonst ... !


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Das Anti-Museum

Eigentlich ist das Waschhaus gar kein Museum, sondern es ist – es selbst. Vollkommen authentisch, vollkommen so, wie es in Wirklichkeit war. Mit sanften Mittel wurden nur einige Dinge arrangiert und Informationsbeschriftungen angebracht. Ansonsten ist es so, wie man es in Erinnerung hat. Nichts Künstliches. Und das macht dieses Waschhaus zum absoluten Kult.


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Dem Spar- und Bauverein sei ehrlich gemeinter Dank und Lob für seine Aktivitäten, solche Schätze wie das Waschhaus zu erhalten. Denn Kapitalisten hätten es abgerissen und noch ein Wohnhaus draufgesetzt oder so etwas. So aber blieb der Weegerhof der Weegerhof. Toll.


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So war und so ist das Waschhaus, vollkommen original. Es ist zu hoffen, dass es auch so bleibt.


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Die Infotafeln vermischen sich mit den noch echten alten Informationen und Hinweistafeln.


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Dass diese Bilderrahmen mit den gesammelten Zeitungsartikeln so selbstgemacht aussehen, verleiht ihnen wiederum die Patina des absolut Authentischen – es wäre ein Jammer, wenn sie verschwinden.


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Wer mag, kann zu diesen modernen Hörstationen greifen. Hier gibt es ein Interview mit einem Waschmeister und einer Benutzerin zu hören und einige andere Informationen.


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Und für alle, die es lieber optisch haben (und natürlich für die Kinder, die sich das alte Leben sonst gar nicht mehr vorstellen könnten), modernste Videotechnik mit Dokumentarfilmen über das Waschhaus – und Szenen, wie es noch voll in Betrieb war.


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Diese Tafeln und Zeitungsartikel informieren mit Originalbildern exakt über das Leben und Wirken im Waschhaus. Für alte Weegerhofer ein Quell wehmütiger Erinnerungen.
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