Korinthenkacker (3)

Es gab Zeiten, da glaubten die Leute alles, was in der Zeitung stand. Und heute glauben die meisten Menschen eher, dass das, was in der Zeitung steht, unglaubwürdig ist. Obwohl nach einschlägigen Studien die Tagespresse gegenüber anderen Medien – allen voran dem TV – das größte Vertrauen genießt. Knapp vor Online-Informationen. Aber nun ja, unter Einäugigen ist der Blinde König (äh, oder umgekehrt?!), und unter Banditen ist der Schmierensteher noch ein Ehrenmann. Will sagen: Natürlich verschweigt die Presse gerne, woher sie ihre Informationen nimmt. Erstens zu einem Großteil von Agenturen – und wird damit zur Einheitspresse, wie sie auch bereits in der DDR existierte, oder im stalinistischen Russland. Zweitens (ungeprüft und unverändert) von PR-Agenturen, und damit von der Wirtschaft, die längst Staat und Gesellschaft als Geisel genommen hat. Und drittens von eigenen Redakteuren, vornehmlich Lokalredakteuren. Und damit von Leuten, die vor allem eins haben möchten: einen stressfreien Job – was selten gelingt. Weshalb ihre Texte und Formulierungen alles andere als feinnervig geraten. Meist.

 

Aus den Solinger Print- und Online-Gazetten

Voll in die Fresse

O ja. Ich liebe, als Redakteur, die Lokalredakteure (der pure Neid, weil ich nie in einem Lokal arbeiten darf). Nein, der Job als Lokalredakteur erspart der Gesellschaft Betreuungs- und Behandlungskosten. Man muss die Deliquenten nicht in Spielgruppen und Selbstfindungskurse senden, sie haben ja ihre Publikation, ihren Computer und die vielen PR-Meldungen. Und so wird übernommen oder neu getextet, bis die Schwarte kracht. Im "Das Solinger zum Sonntag" vom 3. Januar 2009 (das Jahr fängt ja gut an) gehts den Frauen in die Visage, vom Visagisten (auf deutsch: Gesichtler). Mit dem dem mediziniscnischen Hilfsmittel Briille, einem nur per gesellschaftlicher Diskretion als "schön" anerkannten jämmerlichen Gestell mitten im Gesichtsicht seien sie bes besser dran. O ja, dann rate ich aber doch allen Körperversehrten zu Optimismus: "Mit dem Rollstuhl schneller am Ziel". "Männer mit Rollator sind flotter". "Gehkrücken: vier Beine laufen schneller als zwei". "Hörgerät: immer besser informiert." "Mit Herzschrittmacher Taktgefühl zeigen". "Viagra im Härtetest." "Künstliches Koma: besser als natürlicher Tod."

 

Tja, dumm gelaufen. Das PR-Bild zeigt eine durch und durch hässliche Frau, die arm dran ist. Weil sie keine Briille hat. So eine Schlampe aber aber auch ...

 

Abgekupfert

Aus der alten handwerklichen Druckersprache stammt der Begriff "abkupfern". Gemeint ist eine Kopie eines Holzschnittes mittels eines galvanischen "Abdruckes", Überzeuges, eben einer Kupferhaut. Die dann als Klischee zum Drucken diente und viel intensiver genutzt werden konnte als der empfindliche Holzschnitt. So auch heute noch beim Texte. Ob in der Werbung oder einer Redaktion: Sprüche, die sich einmal bewährt haben, werden immer wieder gerne weiter benutzt. Schon allein deshalb, weil dies enorm Energie spart. Denn bekanntlich und medizinisch unbestritten geht der meiste Kalorienverbrauch beim Menschen für die Gehirntätigkeit drauf. Wer auf Diät lebt, muss eben auch mit der Ideenproduktion sparsam umgehen – und abkupfern. Logisch, oder ?!

Und auch die beiden Bilder: Ähnlichkeiten, neiiiin, Ähnlichkeiten wären rein zufällig, nicht wahr, Herr Fotograf Martin Kemper ?! Offensichtlich hat der Mann ein Faible für die spielende Linke. Wenn das mal kein politischer Fingerzeig ist.


In der SM (Solinger Morgenpost, nicht sado-maso) vom 29. Januar 2009 wird unentwegt Abschied genommen.

Für Nicht-Solinger: Bockerhof spricht man "Bööökerhof", nicht "Böckerhof". Habe keinen Boeck drauf, es Ihnen zu erklären, warum.

Für Nicht-Nasse: SPD-Oberbürgermeisterkandidat Dr. Hans-Joachim Müller Stöver soll angeblich baden gehen (wahl-taktisch und stimmenanteil-mäßig), weil er die einst zwischen den Koalitionären CDU und SPD ausgehandelte Idee der Zusammenlegung aller Solinger Badeanstalten zu einem Kombibad als nicht bezahlbar ansieht. Recht hat er. Was man ihm folgerichtig ankreidet. Wenn schon Solingen finanziell die Pleite bis zum Hals steht, dann jedenfalls noch fröhlich darin plätschern.