Totterblotschen (3)

War Solingen immer so, wie es heute ist? Man könnte ja meinen, die Frage sei Nonsens. Indes ist sie hart an der Realität. Denn im Moment, im Jahre 2006, tut sich etwas in der Stadt. Das Land hat ein paar Millionen locker gemacht, die werden seit Jahren in Solingen im Rahmen der "Regionale 2006" "verbraten", wie der Volksmund sagt. Das Jahr ist bald um, die Projekte natürlich noch nicht fertig (wie denn auch?). Doch schon regt sich Widerstand. Allerorten heisst es "das bringt doch nix", "dat is' doch nur dumm Tüëch", "watt soll datt?". Mithin: es sträubt den Solinger, wenn sich was verändert. Hauptsächlich deshalb, weil er beklagt, dass sich hier nie etwas tut. So weit, so widersprüchlich. Was des Solingers Herz erfreut und sein Gemüt begeistert.

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Es herbstet. Aber nicht so ganz richtig. Selten war das Grünjahr so lange wie 2006. Am 1. November kommt sonst grautrübe Stimmung auf. Die Bäume sind meist kahlgeweht. Dieses Jahr aber ist – alles ist immer anders als immer allles anders war – anders. Anfang November noch ein Hauch von Spätsommer. In, um und um Solingen herum.

Frank Püttbach veröffentlicht Bilder in der fotocommunity.de, das wahrscheinlich substanziellste und qualitativ anspruchvollste Forum im Netz. Es sei empfohlen, auf seinen Seiten einen Bilderbogen-Spaziergang zu machen:

Bilderreigen

Bildergalerie

Frank Püttbach hat dieses Bild gemacht. Die "Kaiser Wilhelm Brücke" aus seiner Lieblingsperspektive, wie er verrät. Was man nachvollziehen kann, weil man sich seiner Begeisterung für diesen Blickwinkel anschließen möchte. Wer jetzt noch mosert und meint, eine dampfende Lok gehöre aufs Bild, an den sei die Frage gerichtet, wozu denn die Phantasie da wäre?
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Es gibt Momente, da ist Solingen einfach nur schön. Weil die Landschaft schön ist, in der die Stadt eingebettet ist – samt seiner ach so fernen Nachbarstädte, namentlich Remscheid, das durch das tiefe, unüberwindliche Tal der Wupper wie aus einer anderen Welt hinüberwinkt. Am Horizont ahnungsvoll zu erkennen. Blick von Gräfrath aus Külf quer über Kohlfurt hinweg.

Fotografiert von Frank Püttbach, herzlichen Dank für das Foto.

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Was hat Solingen mit Rom gemeinsam? Nun gut, nicht den Papst, aber die 7 Hügel, auf denen jede dieser berühmten Städte (ich schließe Rom generös mit ein) gebettet ist. In Solingen sind dies eher langgestrecke Höhenzüge, nämlich Gräfrath—Solingen, Krahenhöhe, Widdert, Höhscheid, Katternberg, Merscheid, Wald. Man könnte Hästen noch dazu zählen, aber dann hat Rom einen zu wenig, und das wollen wir denen doch nicht antun.

Blick vom Feld (gemeint ist nicht irgend ein Acker, sondern die Flurbezeichnung Feld) auf die Innenstadt – vor über 80 Jahren !

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Aule Tiëd, ärm Tiëd

60 Jahre ist es her, da mussten die Solinger "hamstern gehen". Ihr nach dem Krieg verbliebenes "Vermögen", ein paar Habseligkeiten, gegen Lebensmittel verscherbeln. Und auch in den 50er Jahren war man – durch Not gedrungen – mehr als bescheiden. So bald war das Wirtschaftswunder nicht greifbar, wie es manche Retrospektiven heute glauben machen möchten. Und die Zeit "zwischen den Kriegen", also die 20er und 30er Jahre des vorigen Jahrhunderts, waren auch alles andere als ein Zuckerschlecken. Marianne Wenke, 1921 geboren, erzählt aus alten Erinnerungen ...

(Und im übrigen ein wortwörtlich beredtes Zeugnis für die Nuance des Solinger Dialektes zwischen Innenstadt und Höhscheid, denn sie ist aufgewachsen an der Gasstraße und war dann "ewige Zeiten lang" echte Weegerhoferin gewesen, um nun im Alter noch einmal in die Ferne zu ziehen, in die Hasseldelle).

Download rechts oben neben dem Portrait.

Download:



Diese Ton-Datei kann mit QuickTime am besten wiedergegeben werden (aber auch mit jedem anderen modernen MP3-Player. Das konkrete Dateiformat ist m4a, also eine Hochkomprimierung). Quicktime ist ein Apple-Programm, das in der Windows-Variante auf jedem Normal-PC verfügbar ist. Der Download ist kostenlos, die Installation sehr einfach. Zudem ist es Bestandteil von iTunes, der Apple-Musikplattform, die auch für jeden Windows-Benutzer kostenfrei zur Verfügung steht und installierbar ist (ohne weitere Systemkenntnisse vollautomatischer Vorgang). Natürlich braucht dann der PC einen angeschlossenen Lautsprecher oder Kopfhörer, damit man den Ton hören kann, logo ;-)

Die Datei ist einigermaßen groß, braucht also ggf. eine längere Downloadzeit; die Episode ist ca. 11 Minuten lang.

Links zum Download: (iTunes, QuickTime)





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Relativ oft erhalte ich Emails, ich solle in meiner Domain aber mal schleunigst etwas ändern. Nämlich, dass – je nach Absenders Intention – der oder das jeweilige Ich bzw. Wir nicht vertreten sein müsse. Über die und die und das oder von jenem und diesen hätte ich doch auch ein Bild oder Text drin, und warum denn nicht auch vom Beschwerdeführer. So ginge es ja nicht.

Nun erstens geht es, weil diese Publikation weder eine "offizielle" noch eine mit dem Anspruch der Ausgwogenheit ist. Und zweitens, weil ich bis heute, nach über vier Jahren Solingen-Doku, erst nachweislich acht Fälle hatte, die nicht so ausgingen wie das Hornberger Schießen (siehe rechts).

"Beschwert" sich einer resp. hat Anmerkungen, man solle doch ein bestimmtes Motiv, einen Verein oder ähnliches aufnehmen, schreibe ich quietschvergnügt zurück: Ja gerne, der Absender möge sich der geringen Mühe unterziehen, und mir entsprechenden Bild- oder Textmaterial zusenden, ich würde es dann sofort verarbeiten und einstellen.

Ab dann habe ich meine Ruhe. Weil das hieße ja nicht nur "et Mull to schwarten", sondern aktiv zu werden – und das ist doch, so scheint's, ein wenig zu viel verlangt. Und so höre ich nie wieder von denen, die so eifrig waren, mir vorzuschreiben, was sie selbst unterlassen haben. Bis auf die erwähnten rühmlichen Ausnahmen, die mir und den vielen tausend Surfern großes Vergnügen bereitet haben.

Ergo, wenn Sie meinen, hier in der Domain fehlt was, und Sie wären bereit, mir Material zu senden, nur zu:

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Burg an der Wupper, das Grafenstädtchen, Perle des Bergischen Landes, ehemals Landeshauptstadt gar, heute mühsam kaputtsanierter Touristenort (man arbeitet gerade noch an der Totalentwürdigung), liegt auf einer Klippe, die moderne Stadtmanager zu umschiffen gar nicht mehr in der Lage sind (weil sie in die Klippschule gegangen sind, oder warum?). Jedenfalls als der Vogel-Schrägflieg-Perspektive sieht man deutlich, wie herrlich in das Polster der Bergischen Berge es gelegt wurde, und wie die Seilbahn Ober- mit Unterburg verbindet. Das dominanten Haus am unteren Rand, Restaurant Dortmunder Hof, existiert schon lange nicht mehr, der Rest sieht immer noch so aus, wie er meiner Erinnerung nach immer schon ausgesehen hat. Und woran sich hoffentlich nichs ändert, weil dann das Kaputtsanieren wenigsten mal glücklicherweise nicht geklappt hätte. Denn Radikalreformen sind nicht des Solingers Sache, dann doch lieber schon reformierte Radikale, die einsehen, dass Veränderungen nur dann gut sind, wenn sie alles beim Alten belassen (ich zitiere soeben den Kontext Solinger Parteiprogramme).

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Verlag Paul Sprenger Bergisch-Gladbach 2

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Als die Leute schon oder noch lesen und schreiben konnten, da konnten sie auch noch – da sie hochanständige Fräuleins zu werden gedachten – sticken. Um der Aussteuer jenen Reiz zu geben, den man heute Personalisierung nennt und der schon immer Stolz und Besitz anzeigende Symbolik war: Monogramme. Die Icons und Smilies der Biedermeier-Epoche. Die Brands und Labels des Bürgertums.

Meine Großmutter Paula, geborene Ronnenbach, verheiratete Jansen, Solingerin von Geburt, Gestalt und Gesinnung, übte mit eigenen Jungfrauenhänden dieses wohl damals so übliche Monogramm, welches sich auf einem simplen Leinen-Küchenhandtuch bis in die Jetztzeit erhalten hat – stolze 100 Jahre und älter. Da sieht man, wie die Zeit vergeht, und nichts ändert sich (siehe Einleitung dieser Seite)

sticky way: Paula Ronnenbach