Totterblotschen (41)

Solingen ist eine sehr ausgeglichene Stadt. Die konzeptionelle Windstille städtebaulicher Gesamtkonzepte wird ausgeglichen durch real existierende fiskalische Armut. Um nicht zu sagen, die Stadt ist pleite. So sehr, dass sich sogar das Land NRW eingeschaltet hat, und der Stadt formal das Recht abgesprochen hat, weitere Eskapaden zu planen oder weitere Schurkenstücke in Form nicht finanziell gesicherter Investitionen zu begehen. Wenn heute mal wieder ein paar gemauerte Backsteine oder billigste Gehwegplatten von vor Stolz berstenden Kommunalpolitikern als unübertreffbare Heldentat ausgegeben werden, dann sollte man mal einen Blick in die Vergangenheit werfen, wie durchaus großstädtisch-selbstbewusst diese Stadt vor 80 Jahren war. Und dann hofft man vielleicht doch noch auf die Rede eines Kommunalpolitikers bei einer dieser heutigen Selbstbeweihräucherungs-Feiern, die mit den Worten beginnt: "Ich schäme mich dafür, dass es die Politik so weit kommen ließ ... – die Kommunalpolitik-Zankhanseln haben die Zeichen der Zeit einfach nicht erkannt. Schade. Und jetzt ist der Schlamassel da." Wie gesagt, ist ja nur eine vage Hoffnung.

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Stolz, reich, relativ schön – Das "Herstück" Solingens, das Dreieck

Cramers Kunstanstalt Dortmund

1930: Blick in die Kölner Straße (Richtung Höhscheid)


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Optische Täuschung: wenn man flüchtig aufs Bild schaut, glaubt man, das (nach dem Krieg wieder aufgebaute, heute genau so aussehende) AOK-Gebäude hätte ein Türmchen auf dem Dach. Doch es ist nur die zentrale "Notbeleuchtung" des Graf-Wilhelm-Platzes, die sicherlich in der Dunkelheit eher eine Funzel war denn echte Erhellung.

Gleichzeitig aber lässt sich die Pracht der Jugendstil- und Gründerzeit-Häuser erkennen. Die beiden kleineren Häuser zwischen dem AOK-Backsteingebäude (eine Art "Bauhaus light") und dem Erker des kleinen Stadtpalastes wurden im Krieg zerbombt; schon seit Jahrzehnten ist dort einer der Parkplätze der Stadtsparkasse.


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Mittelstandsförderung ist keine Subventionstorheit der Jetztzeit, sondern war auch schon damals Anliegen der Politik. Eine eigene Mittelstandsbank war bei der Solinger Firmenstruktur sicherlich genau richtig.

Mit dieser Straßenbahn möchte man ja nur noch einmal zu gerne über und durch die Straßen rumpeln. Die Linie fuhr immer schon nach Widdert (wie auch heute noch, nur heisst sie inzwischen erweitert 684) – dann aber steht sie ja mit dem Abnehmerbügel falsch rum; der zeigt doch in Fahrtrichtung? Falsch! Heutige kennen nur "die 4" über den Werwolf und Ufergarten. Aber damals fuhr sie ein Stück die Kölner Straße hinab und bog dann in die Birkerstraße ein, um vor dort aus in die Brühler Straße abzubiegen. Und insofern steht sie abfahrtbereit.

Interessant, mit welcher Akkuratesse sich damals die Herren auf der Straße bewegten. "Schlips und Kragen" samt dem "Ausgeh-Rock" waren gewissermaßen Pflicht – und die Knaben kamen stets in kurzen Hosen daher. Es war bis in die 50er, fast schon 60er Jahre des vorigen Jahrhunderts üblich, dass lange Hosen eine Art Initialisierungs-Ritus für Heranwachsende war. Erst mit langen Hosen war man "groß", kein Kind mehr.

Praktischer Hintergrund: Stoff, der nicht da ist, muss man nicht flicken. Und Schürfwunden an den Knien heilen von selbst ...


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Das auch heue noch existente Quabeck-Gebäude ist es wert, dass man mit den Augen auf der Fassade auf Entdeckungsreise geht und sich die Details genau anschaut.


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Welch eine Freude, den Leuten in die Fenster schauen zu können. Um unter anderem diesen herrlichen uralten Bürodrehstuhl zu entdecken und einen Schrank für Karteikarten – Nostalgie pur.

Viele ältere werden sich auch noch an die Art der Pflanzen auf den Außen-Fensterbänken erinnern; vor allem waren es auch solche Pflanzen, die an komischen konischen Kleinklettergerüsten entlangranken sollten.

Wenn man an die glatte, total seelenlose Einheitsfassaden der Nachkriegsbauten der Solinger Innenstadt denkt oder heutige abweisende Fassaden, die entweder eine optische Barriere bilden sollen oder unter dem Gesichtspunkt der leichten Reinigung erstellt werden, dann sind solch geradezu barock verschnörkelte, verspielte, mit nicht endenden Details versehene Fassaden eine Augenweide ersten Ranges. Ich wage zu behaupten, sie haben Würde. Zumindest zeugen sie davon, dass ihre Erbauer und Besitzer Geld genug hatten, um sich Luxus zu erlauben. Solingen, eine Stadt der Reichen? Wenn sie es heute noch sein sollte, dann halten die sich aber verdammt zurück im Baugeschehen der Stadt ...


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Und auch auf den Details dieses Gebäudes und in dieser Szenerie lohnt es sich, mit den Augen spazieren zu gehen. Dieses Gebäude darf man ja fast schon als "Stadtschloss" bezeichnen.


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Hier sind es wohl eher die Autos, denen man wehmütiges Gedanken widmet: wäre es nicht schön, mit 20 "Sachen" durch Solingen zu brausen ...?

Das Gebäude, die Solinger Hauptpost, ist im wesentlichen auch heute noch erhalten. Klar, was soll sich bei der Post schon verändern ... .-) ???


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Die Häuserreihe AOK, Spar- und Bauverein, Gewerkschaft (mit großer Kneipe) hatte schon etwas "Hanseatisches" auf Bergische Art.


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Dschurnalist kommt von Dschungel. Und der Tod schon im Leben.

Ich, als Journalist unter lauter Journalistenkollegen, war ja immer schon der Meinung, dass man nicht unbedingt Voraussetzung ist, irrend zu sein, um Journalist zu werden – aber hilfreich ist es schon.

Jeder Bundesbürger bekommt eine neue Steuernummer. So weit, so undramatisch. Unter dieser Nummer werden etliche persönliche Daten gespeichert. So weit, so normal. Doch die WZ-Gruppe (Westdeutsche Zeitung), von der das Solinger Tageblatt einige so genannte Mantelseiten bezieht (und es komplett dort drucken läss), wirft erschreckende Perspektiven auf:


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DENN DAS FINANZAMT KENNT DEN TODESTAG ALLER BÜRGER IM VORAUS.
Das jedenfalls wird behauptet:

Wenn eine Nummer einer Person ihr LEBEN lang zugeordnet bleibt und der Sterbetag bereits gespeichert ist, ja dann .... ???

ODER HANDELT ES SICH UM EINE MODERNE, COMPUTER-VERSION DER IMMER SCHON EXISTENTEN KARTEI-LEICHE, die es ja beim Finanzamt in großen Mengen geben soll ???

Soll so aus dem GLÄSERNEN BÜRGER eine GLÄSERNE KARTEI-LEICHE gemacht werden ???
Wie die aussehen könnte, stelle ich mir so vor, wie auf meiner digitalen Zeichnung rechts. Inklusive gläserner leerer Taschen und Unschulds-Gestik. Und einem Loch, wo Gehirn sein sollte.

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Außerdem ist wortwörtlich zu lesen, diese gespeicherten Daten wären in der Nummer verschlüsselt; was man in der Spionage und der IT-Fachsprache "Kryptografie" nennt (Encrypting). Das ist, simpel gesagt, gestunken und und gelogen. Aber weil es in der Zeitung steht, glauben es die Leute. Wahr dagegen ist (hoffentlich), was das Bundesfinanzministerium selbst über die Steuer-ID sagt:

Aber geklärt ist dennoch nicht, WANN der Sterbetag gespeichert wird: vor oder nach dem Tod ? Sollte vielleicht demnächst ein bislang eher sprichwörtlich gemeinter Seufzer grausam wahr werden ?? :

DIE STEUER BRINGT MICH UM ! ! !