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Totterblotschen (43) |
Liegt Solingen hinter dem Mond? Diese bange Frage bewegt seit Jahrzehnten die Gemüter. Und deshalb wurde jetzt ein galaktisches Experiment durchgeführt, dass diese Frage endgültig beantworten sollte. Der Versuchsaufbau hat sich seit ca. 14 Mrd. Jahren bewährt. Gestartet wurde das ganze am Samstag, 16. August 2008, gegen 20.30 Uhr Solinger Zeit. Denn wenn sich die Sonne verdunkelt hätte, würde Solingen hinter dem Mond liegen hätte der Mond dagegen einen Schatten, dann deshalb, weil Solingen im Wege liegt.
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Mondschinns Karl hätt ne Ecke wech
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«Dunkel war's, der Mond schien helle ...» Wer kennt es nicht, das verulkende Gedicht. Nein, dämmrig war's, der Mond schien fahl. Rötlich-blass kroch er schüchtern über die Wolken der Wupperberge hervor. Hätte er nicht seine typischen Flecken gezeigt, man hätte diesen Ball auch für die ausgeglühte Sonne halten können. Vielleicht wäre ja schon Endzeit ausgebrochen ...
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Dann aber zündet man den Lampignon von innen an man kennt das ja vom Ballonglühen. Nun scheint er heimelig wie beim chinesischen Fackelfest. Hoffentlich verfängt sich der Ball nicht im Geäst der Bäume.
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Dramatische Steigerung der Szenerie. Zwecks Erfüllung romantischer Kitsch-Erwartungen ziehen von Hexen gezogene Wolkengespinste vor dem Mond entlang. Die Hexen konnte man deutlich auf dem Besen reiten sehen (aber nicht fotografieren; Hexen sind ja materielos). Einige kommen auch mit ihrem Staubsauger geflogen.,
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Kurz vor dem eigentlichen Schattentest wurde noch einmal ein Lichttest gemacht, damit man später hell von Dunkel unterscheiden könne (wie es bereits in der Bibel beschrieben wird, aber wer glaubt diesem Buch heute noch?).
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So, und dann wurde es dramatisch. Mittels bildwirksamer Schleierwolken (auf Vernebelungsmaschinen hatte man verzichtet) zog man die große Show ab: die Erde wurde langsam und vorsichtig vor die Sonnenstrahlen geschoben. Hätte Solingen hinter dem Mond gelegen, wären sie da glatt durchgegangen und die weggezwackte untere linke Ecke wäre löchrig. Wurde sie aber nicht. Was mit Erleichterung zur Kenntnis genommen wurde.
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Weitere Überprüfungen und Berechnungen ergaben: da sich die Mondfinsternis, die partielle, von vorne begucken ließe, könne Solingen nicht hinter dem Mond liegen. Weil sich dann eben die Sonne verfinstert hätte. Die aber war total weg, nicht zu sehen. Ob das nun heißt ...., ich weiß es nicht !!!
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Die Mondverfinsterung schritt fort, einige der Zuschauer waren unzufrieden damit und verlangten die totale Verdunkelung, ihrem bis dahin mit Alkohol nivellierten Geisteszustand gemäß. Die aber lässt auf sich warten, bis ins Jahr 2040. Nun, dann schauen wir mal weiter. So viel Geduld muss sein.
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Vordermöndiges
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Auch ansonsten ist Solingen schwer auf Draht. In den selbigen der Obusleitung lässt man den Strom direkt von den Gewitterwolken einfließen. Pots Blitz, das spart Geld.
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Erschreckend dagegen ist für viele auswärtige Besucher von Solingen, dass die Stadt an vielen Stellen im Nichts ende. Die Straßen führen ganz einfach in ein finsteres Loch, als das sich der Taleinschnitt zwischen der Klingenstadt und dem Cronenberg-Sudberger Vorgebirge erweist, das dem Remscheider Gebirgskamm vorgelagert ist.
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Und deshalb ist es auch kein Wunder, wenn sich noch mit einfacher Technik ausgestattete Flugzeuge wie die JU-52 bei mir im Garten zwischen den Bäumen und schließendlich in der Antenne verheddern. Es handelt sich, an Eides statt versichert, NICHT um eine Fotomontage.
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Zur Zeit, da die JU-52 gebaut wurde, ersann man auch den Porsche. Das Dröhnen der Motoren und die Form haben nach meinem Geschmacks-Empfindungen noch heute Ähnlichkeiten. Außerdem entwickelte man im Büro Porsche anfangs der 1930er Jahre auch jenen legendären Wagen, der später in der Weiterentwicklung als «Käfer» Weltkarriere machte. Das Unternehmen, das derzeit zur Allmacht tendiert und VW geschluckt hat, ist deshalb Regelungswahnsinn gewöhnt, weshalb nicht weiter auffällt, dass vor diesem Graubau eine deutsche Manie der Purzelbäume schlägt, nämlich der Beschilderungswahn auf den Straßen. Nicht weniger als 21 zu beachtende Schilder oder Lichtzeichen sind auf 10 x 10 Metern vereint, die Reklame nicht eingeschlossen.
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Inkiek
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Lebensretter, etwa die Berg- oder Wasserwacht, Notärzte und Rettungssanitäter, versehen zwar ihren Dienst meist mit großer Passion und nicht selten auch mit Inkaufnehmen bedrohlicher Gefahren, indes erhalten sie selten, fast nie wirklichen Dank dafür. Was wunder also, wenn einem der größten und nachhaltigsten Lebensretter Solingens nur Dank gezollt wird in einer beschämenden Weise im Dunkeln, mit dem Nimbus des Zerrottens.
Im übrigen trägt der kleine Platz vor dem Behördenhaus den Namen des Wohltäters. Aber wer weiß das schon (noch)?
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Aus der Broschüre "150 Jahre Arbeitsschutz in NRW" der Landesanstalt für Arbeitsschutz in NRW:
Als Czimatis 1899 als Leiter der königlichen Gewerbeinspektion in Solingen seine Arbeit aufnimmt, steht er vor der Aufgabe, der Schleiferei-Verordnung vom 30. Juni 1898 in den Betrieben Geltung zu verschaffen. Die Arbeitsbedingungen der Schleifer sind katastrophal: In den Schleifkotten, in engen, meist niedrigen, schlecht belüfteten, staubbewölkten Räumen arbeiten diese zumeist in gebückter Haltung und schleifen Schwerter, Tafelmesser und Scheren, die den „glänzenden Ruf“ der „Klingenstadt“ begründen. Das Leben der Schleifer indes ist glanzlos und kurz, die meisten sterben weit vor dem 50. Lebensjahr an der sogenannten Schleiferkrankheit, der Silikose (Steinstaublunge). Nach Statistiken aus den Jahren 1850 bis 1875 starben damals 31% der Schleifer im Alter von 20 bis 30 Jahren, 23% im Alter von 31 bis 40 Jahren und 11,9 % im Alter von 41 bis 50 Jahren. Engagiert und beharrlich setzt sich Czimatis für eine Verbesserung der Arbeitsbedingungen ein und gegen die „bergische Dickköpfigkeit“ durch. Die Unternehmer sind nur schwer davon zu überzeugen, für die laut Schleifereiverordnung u.a. vorgeschriebenen Schutzund Staubabsaugeinrichtungen sowie Belüftungsmöglichkeiten zu sorgen. Doch nicht nur auf Seiten der Arbeitgeber muss Czimatis Überzeugungsarbeit leisten, auch vielen Schleifern ist ihre Gesundheit oft gleichgültig, sie haben sich damit abgefunden, dass sie „schicksalhaft“ an der Schleiferkrankheit sterben würden. Unermüdlich setzt sich Czimatis mit Arbeitgebern und Arbeitnehmern auseinander. Mit Erfolg: bei seinem Weggang aus Solingen 1908 sind die Krankheits- und Sterbefälle in der „Klingenstadt“ deutlich rückläufig.
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Dies ist die Fassade eines dem Abriss geweihten Hauses, offiziell Behördenhaus genannt; errichtet vom Land NRW und einst war hier die Polizei untergebracht, danach, unter anderem das Finanzamt (was vielen Menschen ja als gleichwertig zum Überfall-Kommando gilt). Das Mosaik stellt symbolisch den Behördenalltag dar. Es geht treppauf und treppab. Drunter und drüber. In stetem Einerlei einerseits, aber irgendwie auch immer anders und durcheinander. Monoton, aber vielschillernd, geordnet, aber auch irgendwie langweilig. Eben halt: Behördenalltag. Obwohl, je länger man hinsieht, desto mehr könnte es einem gefallen ... irgendwie passt es jedenfalls hier in diese Stadt, die im übrigen (siehe neues Rathaus) viel mehr Ziegelbauten hat, als mancher ahnt oder bewusst wahrnimmt.
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Das "alte", originale Finanzamt Solingen-Ost auf der Goerdeler Straße ist ein Gesamtkunstwerk, das demnächst einer ungewissen Verwendung entgegen geht. Nicht, dass das Finanzamt aufgelöst wird aber irgendwie doch, wenn die Behördenreformen auch Solingen erreichen. Schade dann um das einzig gute am Finanzamt, wie manche Solinger behaupten, das berühmte, dennoch weitgehend unbeachtete Meistermann-Fenster des Treppenhauses. Symbol des Steuerflusses, der zuweilen zum Rinnsal zu versiegen droht. Und, wie man sieht, Wege abseits des Hauptstromes nimmt. Als hätte der Künstler das System des Schwarzmarktes vorausgeahnt.
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Man sollte, wünscht sich mancher, sie hinter Gitter bringen, statt umgekehrt. In diesem Falle die Polizei und das Finanzamt gleich mit. Während letzteres nur Opfer ist, gibt es für, unter oder im Auftrage der Polizei auch Täter: nämlich die, die wissentlich zuließen, dass das seinerzeitige neue Polizeihaus schon von Anfang an Baumängel hatte, wie sich Kommunalpolitiker sehr wohl erinnern, und nun Beamte wie Bürger mit grünen Netzen (nee, wie sinnig) vor dem Herunterfallen von Steinen bewahrt werden muss. Es wird zusammen mit dem Behördenhaus bald abgerissen, zwischen Hauptpost und Ex-Kieserling entsteht das neue Polizeigebäude und hier an diese Stelle wird wohl eine neue Liegenschaft des Landes errichtet werden. Und was, wenn nicht das Finanzamt für ganz Solingen, sollte logischerweise dort rein?
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Übrigens, wem das Finanzamt das letzte Hemd genommen hat, der kann sich noch am Service-Container direkt vor dem Gebäude bedienen und mildtätig überlassene Kleidungsstücke zum neuen persönlichen Outfit machen. Irgendwie rührend-menschlich, diese Geste ...
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Ungerechte Welt: Von kleinen, unschuldigen, 6jährigen Kindern verlangt man, sie sollen und müssen Deutsch können, damit und wenn sie zur Schule kommen. Wie wäre es, man verlangt von Beamten, Deutsch zu beherrschen, wenn sie anordnend tätig werden?
Häuser können keine Mitarbeiter haben, auch Behördenhäuser nicht. Sondern nur Behörden. Da Fremdparker abgeschleppt werden, sind Parker, die das Verbot kennen, offensichtlich erlaubt. Außerdem werden nicht die Parker abgeschleppt, sondern deren abgestellte Autos. Ich meine, dass sich Trunkfreudige gegenseitig abschleppen, ist bekannt, aber unfremde Behördenhausmitarbeiter auch?
Wie kann einer Bedienst sein. Man kann dienen, ja, das geht. Oder dienlich sein. Aber wie wird man und wie von wem bedienstet? Ist dann auch ein Parkplatz für Arbeiter ein "Parken für Bearbeitete"?. Und dass der Öffentliche Dienst neuerdings zwischen Bedienstete mit und ohne Parkausweis unterscheidet, ist mir neu. Vor allem aber ist mir neu, dass eine Behörde privat sein kann. Zum Behördenhaus passt ein Behördenparkplatz, aber ein Privatparkplatz ???
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So wird es wohl sein. Seit es die einfachen Jobs wie Schafhirte, Laufbursche oder Spinnerin nicht mehr gibt, müssen eben Menschen mit wenig intellektuellen Ambitionen als Privatbehördenhausschildertexter beschäftigt werden.
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