Totterblotschen (8)

Wem gehört Solingen? Diese vielleicht kurios klingende Frage lässt sich sehr einfach beantworten: sich selbst. In diesen Tagen machte (wieder einmal) ein Politiker, und dann noch einer, den Vorstoß, man möge doch die drei Bergischen Großstädte Solingen (die Schöne), Remscheid (die Zimperliche) und Wuppertal (die Pragmatische) zu einer einzigen zusammenfassen. Ja, da war was los! Weltuntergang war noch das geringste Szenario, das da bemüht wude. Als hätte der Beelzebub sich mit allen Monstern Hollywoods vereint wurden da aber die Solinger wach und schrieben (g)eifernd-aufgeregt: Hände weg von Solingen. Aus – nach ihrer Meinung – sehr gutem Grund: der Name Solingen ist mehr als nur der Name einer Stadt. Das ist absolut richtig und wichtig. Eine bergische Großstadt aber auch.

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Natürlich will und werde ich mir verkneifen zu bemerken, Solingen könne einem zum ... . Nein: optimistisch-fröhlich sage ich, Solingen möge Ihnen am Halse hängen. Und zwar in der nettesten Form, die es modisch gibt: als Krawatte, Schal oder Fliege. Was kaum einer weiß (warum eigentlich nicht), in Solingen gibt es eine putzmuntere Krawatten-Produktion. Krawatten-Schmidt, Spezialist für Vereins- oder Firmen-Krawatten und -Schals ist. Also mit Wappen, Logos, Abzeichen der verschiedensten Art. Und mit Motiven aus der Fülle des Lebens. Natürlich sind auch Solinger Motive dabei. Und die kann man dort auch bestellen. Katalog wird versendet, Anfragen sind willkommen (wovon Sie gerne Gebrauch machen können).



Krawatten-Schmidt, Logokrawatte

Wie wär's mit einem Ritter am Mannestuch. Graf Engelbert baumelt gerne an stolzen Männerkörpern.

Wer sich als tüchtiger Heimarbeiter zu erkennen geben will, kann es mit dem Wipper Kotten tun.

Und Burg als Motiv für alle Bergischen, natürlich auch die Damen (z. B. auf einem schönen Schal)

Für die "Auswärtigen" gibt es jetzt die Möglichkeit, sich klar von Alt-Solingen zu distanzieren: Die Wappen von Ohligs und Wald laden dazu ein ..

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Empfehlung für Machos: Nehmen Sie die Liewerfrau. Symbolischer Sinn: ich lasse meine Frau für mich die schweren Sachen schleppen. Da weiß jede gleich, was für ein Schelm Sie sind.

Seit Dezember 2006 heißt der Ex-Bahnhof Solingen-Ohligs nunmehr offiziell Solingen Hbf, Hauptbahnhof. Entsprechend wurde er mit allermodernster Technik ausgerüstet.

Da sich die Signallampen (elektrisch) der Bahn als störanfällig und im Unternhalt zu teuer herausgestellt haben, griff das Unternehmen auf probate Mittel aus der Gründerzeit zurück: die rote Fahne. Und so winkt sie nun auf Bahnsteig 1 des Solinger Hbf und zwingt die Loks zum halten. Und siehe da: es funktioniert prächtig.

Brav hält der Nahexpress (Nachtexpress gibt es noch nicht) nach Krefeld am roten Tuch und wartet ab, bis eine Pfeife trillert. So kann man teure Kosten sparen, denn in der Dampflokära ging es ja auch schon, und warum sollte das jetzt nicht auch funktionieren?

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Diese Art der Signalisierung ist im gesamten Bahnhof konsequent umgesetzt worden. An der Haltetafel (mit Zuglänge) wird ein gelber Ballon gesetzt und dann weiß der Lokführer, aha, ich bin 100 m lang und hier muss ich halten. Das System funktioniert nach Angaben eines Bahnsprechers ausgezeichnet. Man nennt es bahn-intern "Solinger Modell".

Die Aufnahmen sind nicht gestellt oder digital retuschiert, sondern wahrhaftig und echt.


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Was nicht funktioniert, ist die Bahn selbst. Die druckt auch noch im Februar 2007, ein Vierteljahr nach Umbenennung, in IC-Zugbegleitern (die Heftchen, die auf den Plätzen ausliegen) immer noch "Solingen-Ohligs", einen Bahnhof, den es offiziell gar nicht (mehr) gibt. Na toll. Warum sollte sich auch bei der Bahn immer alles so schnell ändern?

Ob Sie es glauben oder nicht, auch Dünne und Schlaue dürfen es besuchen: das Dick-und-Doof-Muserum (das offiziell Laurel & Hardy Museum heißt) in Solingen-Wald. Da privat als Hobby betrieben mit recht sparsamen Öffnungszeiten, aber mit maximalem Besuchsspaß, weil die Original-Filme vorgeführt werden. Mit allen Attributen der guten alten Kinozeit, also samt schnurrendem Projektor.




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Solingen gibt es ja nicht nur in Solingen. In den meisten (großen) Städten zumindest auf dem Alten Kontinent findet man irgendwann irgendwo etwas Solingerisches – wie hier in Barcelona. Da führt der Name der Klingenstadt ein respektables Trio an: Solingen–Paris–Barcelona.


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Ob in einem tradierten Laden, siehe oben, oder im modernen Ambiente (ebenfalls in Barcelona): Solingen kann sich sehen lassen und wird gerne gesehen. Erinnern Sie sich noch an die Solingen-interne Auseinandersetzung um dieses Plakat? Mit dem Slogan "Ein leben lang scharf" glaubten Solinger Souffragetten die Frau wieder als Sex-Werbe-Symbol deklassiert. Würde man diese Geschichte hier im Laden erzählen, ich glaube, der Heiterkeit wäre kaum ein Ende zu setzen. Klar, im muffigen Solingen mag das Plakat so aufreizend wirken wie der Rücken der Frau schön ist. Hingegen gibt es ja wohl kaum eine stimmigere Werbung als diese in der dazu passenden Umgebung, wie das Bild beweist.


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Und außerdem: Als Mann möchte ich dann doch erheblichen Einspruch einlegen gegen die Vermarktung meiner Figur als willenloser Nudelesser – und das auch noch quer auf dem heißen Herd. Warum hat eigentlich noch kein Solinger Männerverein gegen dieses Plakat opponiert – ach so, so einen gibt es gar nicht? Zeit, einen zu gründen. Die Zahl der Vereine soll in Solingen rückläufig sein, hört man.


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Spanien – Eros – Carmen! "Auf in den Kampf –", "Die Liebe vom Zigeuner stammt" – Fast mystisch hat Christian Olsen das suggestive Werbemotiv im changierenden Spiegel des Schaufensters eingefangen. 2006 ist der neue Flagship-Store des Zwillingswerks in Barcelona eröffnet worden. In gebührendem Abstand zu Toledo, der iberischen Hauptstadt scharfer Klingen. Zu finden ist der Shop im "Gotischen Viertel", der Altstadt.

Foto: Christian Olsen


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Es ist der später so genannte 30jährige Krieg und eine Armee fällt in Solingen ein. Plündernd zogen die marodierende Soldadeska durchs Land und nahm nicht nur brav Quartier, sondern alles mit, was nicht niet- und nagelfest war. Und die Bevölkerung nicht selten als Geisel – und insbesondere Frauen als "Freiwild" für dumpfes Vergnügen. Szene aus einem Stich um 1639, der auf das eigentliche Thema führt: die Silhoutte von Solingen im Laufe der Zeit.




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Wanderer, kommst Du nach Grevenrode, berichte, Du habest die Klingen gesehen ...

um einen historischen Spruch arg zu missßbrauchen. In der Tat ist es aber so: ein Schmuckstück ist es, das Klingenmuseum, aber aus öffentlicher Armut läuft es Gefahr, in die Bedeutungslosigkeit zu versinken. Wären da nicht immer wieder Profis und Bürger, die das nicht zulassen und die gute Stube am Leben halten. Auf dass ein jeder, der Solingen wirklich kennenlernen will, hier auf jeden Fall einen Besuch mache ... !!!